Psychose und Schwangerschaft

Einstieg – Frau Dangel :

Das heutige Thema befasst sich mit der „Psychose und Schwangerschaft“. Welche Erfahrungen haben Sie als Erfahrene, Angehörige und Fachleute mit diesem Thema?

Eine offene Gesprächsrunde beginnt, die hier stichpunktartig wiedergegeben wird:

  • In der Schwangerschaft hatte ich plötzlich Angstzustände; Angst raus zu gehen. Ich habe Bilder zerrissen. Ich wusste nicht was mit mir passiert. Mein Bruder hat mich in die Klinik gebracht. Erst nach Jahren konnte ich darüber sprechen. Meine Mutter und meine Schwester sind auch psychisch krank. Ist diese Erkrankung vererbbar? Welche Rolle spielen die Hormone? Nach der Entbindung kam die Psychose dann voll durch. Mein Sohn wurde durch die Familie betreut.
  • Ich interessiere mich für das Thema, weil mein Bruder in jungen Jahren an Psychose erkrankt ist.
  • Es gibt einen Vererbungsaspekt – mehrere Gene sind verantwortlich + die Umwelt + soziale Faktoren + die Belastung.
  • In der Schwangerschaft ist eine Neuerkrankung eher seltener – eher nach der Schwangerschaft.
  • Frühwarnzeichen können in der Schwangerschaft nicht so gut erkannt werden.
  • Depressionen in der Schwangerschaft treten häufiger auf als Psychosen in der Schwangerschaft.
  • Die „Frühen Hilfen“ des Kreises Düren unterstützen Frau vor – während und nach der Schwangerschaft; auch im alltäglichen und auch präventiv.
  • Oftmals hat das Umfeld / Freunde kein Verständnis für diese Erkrankung
  • Die Familie lernt damit umzugehen
  • Mein Bruder war 19 Jahre, als er erkrankte. Es war sehr heftig. Er lief immer die Treppe rauf und runter, hatte das Radio ganz laut. Er hatte keine Krankheitseinsicht. Geholfen haben ihm die Klinik und die Medikamente. Beziehungsschwierigkeiten hat er heute noch. Er ist sehr sensibel und geht oft auf Distanz. Dann löscht er alle Nummern im Handy. Wir als Familie wissen das und können damit umgehen.
  • Auch die Ehe kann unter einen Erkrankung leiden. Bei mir führt die Erkrankung zur Scheidung.
  • Hebammen können oft erkennen, wenn „etwas nicht stimmt“. Sie arbeiten eng mit Fachärzten zusammen. Wichtig ist Transparenz.
  • Ich bin auf das Thema durch einen Vortrag aufmerksam geworden. Dort wurde u. a. berichtet, dass 10 % aller Schwangeren an Wochenbettdepressionen erkranken.
  • Zu unterscheiden ist ob es sich um eine depressive Episode oder um psychotische Symptome handelt.

Depressive Symptome sind u. a. geminderter Antrieb und Störung des Schlaf- und Wach – Rhythmus; psychotische Symptome sind u. a. Verfolgungswahn, Stimmen hören…

  • Das Jugendamt der Stadt Düren, ASD, hat viele Klienten, die an einer Borderline – Störung erkrankt sind. Teilweise sind dann die Frauen im Akutzustand kaum wieder zu erkennen. Teilweise sind sie völlig verschlossen oder auch völlig „hysterisch“. Ein Babybegrüßungsdienst möchte den Frauen und Kindern helfen und macht eine erste Einschätzung. Hier geht es nur um Beratung ohne „Kontrolle“. Der ASD ist zuständig mit der Frage der Selbst – und Fremd – Gefährdung bzgl. der Kinder.
  • Hilfen werden bei Krankheitseinsicht angenommen. In der akuten Psychose gibt es keine Krankheitseinsicht.
  • In der LVR Klinik litt eine Patientin an einem „Schutzwahn“. Sie ließ das Kind nie unbeobachtet und wollte es auch nicht ablegen.
  • Die Gesellschaft verurteilt Frauen, die es nicht „schaffen“ ihre Kinder gut zu versorgen. Meine Mutter hatte eine Psychose 6 Monate nach der Geburt. Sie muss immer gut auf sich achten. Auch meine jüngere Schwester ist davon betroffen. Im Freundeskreis wurden wir gemobbt und auch nicht ernst genommen. der Freundeskreis reduzierte sich. Es war nicht möglich, offen zu reden.
  • Mit der Zeit finden sich auch Freunde, die sich auch bei der Erkrankung nicht abwenden.

PAUSE


Es werden nun an der Flipchard folgende Aspekte festgehalten:

  1. Was ist zu tun bei Erkrankung vor der Schwangerschaft?
  • Die Erkrankung darf nicht zur Angst führen
  • Ein gutes soziales und familiäres Umfeld ist wichtig
  • Ein Helfernetz ist wichtig: Ärzte, Frühe Hilfen, familiären Hilfen, Jugendämter, Beratungsstellen…..
  • Klare und offene Kommunikation ist wichtig, z. B. über Frühwarnsymptome
  • Das Medikament „Ergenyl“ ist in der Schwangerschaft abzusetzen – immer Rücksprache mit Fachärzten halten! – Medikamente werden in der Schwangerschaft anders verstoffwechselt.
  • Regelmäßig Medikamentenspiegel machen !
  1. Was ist zu tun bei Erkrankung in / nach der Schwangerschaft
  • Säuglinge werden die ersten Tage nach der Geburt klinisch überwacht. Daher ist eine Entbindung mit einer angegliederten Kinderklinik zu empfehlen.
  • Symptome sollen beobachten und zeitnah behandelt werden.
  • Helfernetz
  • Facharzt
  • Ausführlicher Familienberatung
  • Offenheit
  • Familiensystem im Blick haben – auch Geschwisterkinder
  • Stillen und Medikamente > Nutzen und Risiko abwägen.

Ca. 20:30 Uhr

Abschlussrunde: Ein Stein wird in die Runde gegeben: Was hat Ihnen diese Veranstaltung gebracht (was nehmen Sie mit? Was lassen Sie hier?)

Bedanken bei der Seminargruppe (und dem Gast / den Gästen) – Hinweis auf das nächste Seminar am 15. November 2017 zu dem Thema „Psychose und Intelligenz“.