Protokoll des Psychoseseminars vom 17.04.2013 von 19.00 – 20:45 Uhr
Moderation und Protokoll: Frau Dangel
Begrüßung des Auditoriums und der anwesenden Gäste (insbesondere Herrn Prof. Dr. Gründer, stell. Direktor der Klinik für Psychotherapie des Universitätsklinikums Aachen und Leiter des Lehr- und Forschungsgebietes Experimentelle Neuropsychiatrie )
Vorstellung des Psychoseseminars und Ablauf des Seminars mit Pausen und Getränken.
Der Einstieg in das Thema erfolgt über die Frage „Was ist Psychose?“ Frau Hamacher referiert hierzu kurz die zentralen Aspekte:
Psychose ist ein elastischer Begriff. Es ist eine Störung des Realitätsbezugs. Schizophrenien und manisch / depressive Erkrankungen gehören zur Psychose. Organische Psychosen sind Schädigungen des zentralen Nervensystems, z. B. durch Einnahme von Drogen.
Herr Dr. Prof. Gründer ergänzt, dass in den USA im Mai ein neuer Katalog (DSM) herauskommt, wo es neue „Einteilungen“ im Hinblick auf psychische Erkrankungen gibt. Die unterschiedlichen Formen bei Schizophrenie werden aufgehoben. Dies hat vor allem Auswirkung auf die Forschung. Außerhalb Amerikas gilt der ICD 10. Letztlich hat der neue DSM auch Auswirkung auf die Forschung außerhalb Amerikas. Früher gab es eine Abgrenzung zwischen Schizophrenie und drogeninduzierter Psychose. Drogen können trotzdem zu Schizophrenie führen. Besonders bei Cannabiskonsum.
Es entsteht eine Diskussion über die Selbstbehandlungshypothese. Menschen nehmen Cannabis, weil sie merken, dass etwas nicht stimmt. Dadurch können Symptome sich verstärken / verändern. Es kann zu Verfolgungswahn und Stimmenhören kommen. Auch Alkohol wird als Selbstbehandlung eingesetzt, da dieser sedierend und enthemmend wirkt. Ob Bier oder hochprozentiger Alkohol konsumiert wird, spielt dabei keine Rolle.
Danach geht es um die Frage:
“Können Ursachen von Psychosen organisch/körperlich sein?“
Neben den üblichen Auslösern wie Hirntumore und Drogen werden im Laufe der Diskussion noch folgende mögliche Ursachen genannt:
- In einem Spiegel-Artikel Heft 32/2012 geht es um Autoimmunerkrankungen, die zu Psychosen führen können.
- Auch in der Sendung Nano auf 3sat gab es etwa um die gleiche Zeit eine Sendung zu einem ähnlichen Thema: „Autoimmunerkrankung kann Schizophrenie auslösen“
- Herr Prof. Dr. Gründer erklärt, dass es eine Autoimmunerkrankung gibt, die zunächst mit Depression und Psychose beginnt, dass aber sehr schnell Sprach- und Gangstörungen erfolgen. Diese Autoimmunerkrankung wird dann mit Cortison behandelt. Autoimmunerkrankungen sind durch Blutuntersuchungen feststellbar.
- An der Uni Magdeburg hat es eine Arbeitsgruppe gegeben, die auch an Schizophrenie -Erkrankten Blutuntersuchungen im Hinblick auf eine Autoimmunerkrankung durchgeführt haben. Bei etwa 10% wurde dann Cortison eingesetzt. Mögliche Behandlungserfolge sind nicht nachweisbar
- In einer Zeitschrift des EU.L.E. –Instituts www.das-eule.de dem EU.L.E.N-Spiegel 4-6/2012 gibt es den Artikel: „Zum Verrücktwerden: Viren im Erbgut“. Hier geht es um Virenerbgut, das sich nach überstandenen Infektionen in unseren Genen befindet. Normalerweise ist das Virenerbgut abgeschaltet. Bestimmte Medikamente können es wieder aktivieren und zu psychischen Erkrankungen führen. Herr Prof. Dr. Gründer kann allerdings nicht bestätigen, dass Viren durch Medikamente wieder tätig werden.
- In dem Buch „Therapie der Psychosen“ von Johan Cullberg wird auf Seite 153 erwähnt, dass auch manche blutdrucksenkende Mittel zu Verwirrtheit und affektive Psychosen führen können. Blutdrucksenker: Betablocker können Depressionen bewirken. Sie verringern die Durchblutung des Gehirns. Es gibt auch Wechselwirkungen zwischen Blutdrucksenkern und Psychopharmaka. Prof. Dr. Gründer meint, dass wahrscheinlich eine medikamentöse Neueinstellung Sinn macht. Dies ist meist stationär angeraten.
- In dem EU.L.E.N-Spiegel 2/2007 geht es um Psychosen durch Toxoplasmose: „Toxoplasmose: Schizophren durch Mettbrötchen?“ Hierzu erklärt Prof. Dr. Gründer, dass Toxoplasmose eine organische Erkrankung ist und durch eine MRT (Magnetresonanztomographie) Untersuchung erkannt werden kann. Eine Behandlung erfolgt dann mit Antibiotika.
- Eine verhinderte Besucherin teilte uns vorher telefonisch mit, dass chemische Gifte nach ihren Recherchen auch zu psychischen Erkrankungen führen können, vor allem bei Menschen mit MCS (multiple chemical sensitivity)
- Es gibt Gene, die das Risiko, an Schizophrenie zu erkranken, erhöhen. Das Risikogen plus Umweltfaktoren wie Stress und Drogenkonsum können zur Psychose führen.
Wie werden körperliche / organische Ursachen bei der Diagnostik einer Psychose berücksichtigt?
Prof. Dr. Gründer erklärt, dass bei Ersterkrankten das Uniklinikum Aachen immer in den ersten Wochen ein MRT durchführt, um auszuschließen, dass z. B. ein Tumor Auslöser einer Erkrankung sein kann. Ein weiteres Verfahren ist die Nervenwasseruntersuchung / Lumbalpunktion. Weniger als 5% der psychisch Erkrankten zeigen bei diesem Verfahren Auffälligkeiten. Diagnostiziert werden kann dann eine Erkrankung nicht im Einzelnen; es ist nur eine Diagnose im Gruppenvergleich möglich. Bei einer funktionellen Kernspinntomographie wird die Hirndurchblutung sichtbar. Hirnaktivitäten können erkannt werden. Schizophrenien sind Hirnerkrankungen (subtile Stoffwechselstörungen).
In der LVR Klinik Düren wird bei Ersterkrankten zunächst eine Computertomographie vorgenommen, dann erfolgt je nach Notwendigkeit ein MRT.
Der Patient bekommt bei der MRT – Untersuchung teilweise ein Sedativum, da die Untersuchung in der engen Röhre oftmals Platzangst hervorruft.
Bei mehreren Krankheitssymptomen, wie z. B. „Stimmen hören“ und ein „eingeschlafener Arm“ kann möglicher Weise die körperliche Erkrankung ein Auslöser für die psychische Störung sein. Ein „eingeschlafener Arm“ kann auf einen Tumor hinweisen.
Die Kosten dieser Untersuchungen trägt das jeweils behandelnde Krankenhaus. Bei einer ambulanten Versorgung erfolgt die Kostenübernahme über das Budget des niedergelassenen Arztes. Kernspinnverfahren gibt es seit den 90ziger Jahren. Im EEG kann ein Tumor nicht immer erkannt werden.
Fazit: Zusammenfassend kann gesagt werden, dass bei nur einem geringen Teil an Psychose erkrankter Menschen ursächlich organische / körperliche Erkrankungen Auslöser sind. Organische Ursachen können u. a. nachgewiesen werden durch MRT – Diagnostik, aber nicht im Einzelnen sondern nur im Gruppenvergleich. Es handelt sich um minimale Abweichungen, die dann aufgedeckt werden können.
Wichtig ist ein achtsamer Umgang mit dem Gut „Gesundheit“. Stress-, Alkohol- und Drogenkonsum können bei genetischer Veranlagung Psychosen auslösen.
Abschlussrunde: Ein Stein wird in die Runde gegeben: Was hat Ihnen diese Veranstaltung gebracht (was nehmen Sie mit? Was lassen Sie hier?)
Ca. 20:45 Uhr
Verabschiedung