Protokoll des Psychoseseminars vom 15. Oktober 2014 von 19.00 – 21:15 Uhr
Moderation und Protokoll: Frau Dangel
Einstieg:
Zum Einstieg möchten wir die Frage stellen „Was ist gesunde, normale Angst? Herr Schmidt hat dazu folgende Gedanken:
„Im Leben braucht man genug Angst, um Respekt vor gefährlichen Situationen zu haben. Und man braucht genug Mut, um Dinge bzw. das Leben voranzutreiben. Es braucht die Ausgewogenheit zwischen Mut und Angst.“
Es wird die Frage an die Teilnehmer / innen gestellt:
Was ist gesunde Angst? Wovor hatten Sie schon einmal Angst….als
- Betroffener
- Angehöriger
- Fachmann / frau
Es werden Karten ausgegeben, auf die jeweils eine Angst und der Bezug aufgeschrieben werden soll. Nun werden die Karten kurz erläutert und auf dem Boden den 3 A4 Blättern (Angehörige / Betroffene / Fachmann / frau) zugeordnet.
Schnell wird deutlich:
Angst lässt sich nicht einteilen. Angst ist menschlich und individuell. Ängste werden gesellschaftlich negativ besetzt und als Schwäche ausgelegt. Angst ist immer dann schlecht, wenn sie das Leben hemmt.
Gesunde Angst schützt davor, in gefährlichen Situationen nicht leichtsinnig zu handeln, sagt ein Angehöriger. Kranke Angst ist irrational und kann zu gefährlichen Situationen führen.
Es kommen folgende Fragen auf:
Kann man sich eine gesunde Angst antrainieren? Gibt es auch zu wenig Angst vor Gefahren? Ist Angst gelernt?
Angst ist gesellschaftlich bewertet und soll vor Gefahren schützen. Als Beispiel wurde die Angst vor Schlangen in Indien genannt. Die Angst bezieht sich dann weniger auf die Schlangen als auf die damit verbundenen Schmerzen oder die Schelte der Eltern.
Ein Angehöriger drückt es so aus: Angst ist das Nichtwissen. Den Unterschied zwischen normal und anormal gibt es nicht. Die Gesellschaft bestimmt auf der Basis des allgemeinen Wissens, was gesunde Angst ist und was nicht.
Anerzogen ist auch Misstrauen, z. B. in der Dunkelheit (das etwas passiert).
Genannt wird zusätzlich die mediale Angst, d. h. Angst durch und vor Medien (Kriegsberichte, bestimmte Gruppen, Krankheiten)
Auch Kontrollverlust kann zu Angst führen, z. B. krankheitsbedingt.
Betroffenen nennen noch folgende Ängste:
- Überwachungsangst, z. B. vor Kameras
- Angst vor allwissenden Gottheiten
- Angst in der Schule wegen Ärger bei schlechten Noten
- Angst vor Veröffentlichung persönlicher Geheimnisse
- Angst in die Ecke gedrängt zu werden
- Oftmals zu wenig Angst > zu hohe Risikobereitschaft
- Verlustängste
- Angst Briefkasten zu leeren, ans Telefon zu gehen, mails zu lesen, da immer und immer wieder Ämter, Krankenkasse, Rentenversicherung, Ärzte usw. irgendwelche Anträge / Formulare ausgefüllt haben wollen.
- Angst, dass man wieder was machen muss und dafür viel zu krank und überfordert ist!
- Angst vor einem genommenen Kredit zum Kaufen eines Hauses (ungesunde Angst)
- Angst vor einem Stromschlag (gesunde Angst)
- Angst vor einem Telefonanruf von der Baustelle oder von der Rehaklinik (in der Depression)
- Angst in der Psychose
- Im psychotischen Schub Wandel von Hochgefühl in Angstgefühl; Angst vor bestimmten Dingen; nur ein Gefühl der Angst (ohne Grund)
- Angst vor Ungewissheit
- Angst, nicht zu genügen; daher Versagensangst
- Angst jemanden zu schaden
- Angst abgelehnt zu werden
- Angst vor Einsamkeit
- Angst vor Wasser (als Kleinkind fast ertrunken)
Angehörige nennen noch folgende Ängste:
- Ich war wie gelähmt, wusste nicht mehr, wie man eine Tasche packt, als mein Mann sich ein Messer in den Bauch gerammt hatte (im Schub)
- Zukunftsangst > wie weiterleben?
- Angst vor Feuer (bei Abwesenheit); Angst bei Konflikten
- Was macht die Krankheit mit einem Kind?
- Unberechenbarkeit des Akutzustandes
- Gesunde Angst macht nicht ohnmächtig.
In der Psychiatrie Tätige nennen noch folgende Ängste:
- Angst= Respekt vor möglichen Gefahren > normal
- Angst = Vermeiden von neuen Erfahrungen > ungesund
- Als Person: Angst vor Kunden, Prüfungen, hohen Brücken
- Angst im Fahrstuhl, vor Krankheit, politischem Irrwitz; gesunde Angst ist alles, was uns vor dem Überleben schützt.
- Angst vor Krankheit
- Ich empfinde Angst, wenn ich die Kontrolle z. B. über Situationen, Menschen, mein Leben verliere.
- Gesunde Angst schränkt mich nicht im Alltag ein; Ungesunde Angst ist z. B. wenn ich das Haus nicht mehr verlassen will.
- Es gibt Angst aus mir selbst heraus, z. B. Krankheit und Angst von außen, z. B. vor anderen Menschen
PAUSE
Jetzt möchten wir herausfinden: „Was hilft bei Angst?“
Es wird genannt:
- Angst vermeiden, wobei die Angst einen „miesen Charakter“ hat, sie sucht sich dann andere Wege
- Trainieren, d. h. sich mit der Angst konfrontieren (dosiert); durch die Angst gehen.
- Rationalisieren, d. h. klar machen, dass das Risiko nur gering ist (sich den schlimmsten Fall vorstellen, was passieren könnte).
- Es hilft zu wissen, wo die Angst herkommt, um sie zu bearbeiten
- Verhaltenstherapie hilft
- Medikamente helfen
Angesprochen wird noch, dass Angst zu Aggressionen führen kann und umgekehrt und dass Panik auch als Stressnachwirkung auftreten kann.
Abschließend wird festgestellt, dass Angst ein gesellschaftliches Tabuthema ist.
Ca. 20:45 Uhr
Abschlussrunde: Ein Stein wird in die Runde gegeben: Was hat Ihnen diese Veranstaltung gebracht (was nehmen Sie mit? Was lassen Sie hier?)
Verabschiedung und Bedanken bei der Seminargruppe (und dem Gast / den Gästen) – Hinweis auf das nächste Seminar am 19. November zu dem Thema „Soteria – alternative Behandlungsmethode für akut psychoseerkrankte Menschen“