Wie können Depression und Psychose zusammen hängen?

Protokoll des Psychoseseminars vom 16.11.2005

Als Warm up wird zuerst nach der Definition von Psychose gefragt.

Die BesucherInnen bekommen rosa Karten und Stifte und schreiben auf, welche Eindrücke und Erfahrungen für sie bedeutsam sind, im Zusammenhang mit Psychose. Die Karten werden danach vorgelesen.

Arbeitsergebnisse waren:

  • Fühlen, sehen und hören von Dingen, die nicht real vorhanden sind,
  • Getrieben sein
  • Schlaflosigkeit
  • Wahnvorstellungen
  • Unrealistische andere Wahrnehmungen
  • Angstzustände
  • Gefühlschaos
  • Sich nicht mitteilen können
  • Antriebslosigkeit
  • Vernachlässigung der Hygiene
  • Sich beobachtet fühlen
  • Optische Halluzinationen
  • Stimmen hören
  • Ängste, welche man nicht verarbeiten kann
  • Eine andauernde Erkrankung die auf Dauer die Seele frisst
  • Störungen im Kontakt
  • Viel Angst
  • Probleme, die Krankheit zu erkennen und anzuerkennen
  • Wahn
  • Ich verstehe unter einer Psychose, aus eigener Erfahrung, dass sie ein aus mehreren Kategorien bestehendes Wahrnehmungsbild ist, das sich auf jeden Menschen anders auswirkt und erlebt wird. Bei mir sind es überwiegend Ängste.
  • Aggressivität
  • Denkunterbrechungen
  • Verträumt sein
  • Kaum Unterscheidung von Traum und Wirklichkeit
  • Verwirrung
  • Nur mit starken Medikamenten kann die Psychose zurück gedrängt werden und das eigene ich hat wieder eine Chance empor zu kommen.
  • Störungen des Denkens, Fühlen und Wollens
  • Eine Erkrankung, die viel Angst macht, sich aber gut behandeln lässt, über die die Öffentlichkeit viel zu wenig weiß.
  • Gleichgewichtsstörungen der Psyche
  • Irreale Vorstellungen
  • Gestörter Gegenwartsbezug
  • Sachen sehen, die nicht wirklich da sind
  • In einer anderen Wirklichkeit leben
  • Gefühle fahren Achterbahn
  • Wenn die Realität und sie Phantasie durcheinander geraten
  • Unkontrollierbare Gedanken
  • Wahnvorstellungen gegen jegliche Form der Überwachung
  • Angst vorm Auslesen von Gedanken und intimen Geheimnissen
  • Misstrauen
  • Realitätsverlust
  • Totale Zurückgezogenheit
  • Betroffener schwer zu überzeugen Hilfe anzunehmen

Bei der Betrachtung der Karten kristallisiert sich heraus, dass Psychose und Angst bei vielen TeilnehmerInnen eng zusammen gehören. Dies kann z.B. daran liegen, dass die Gefühle extrem aus dem Gefüge geraten und dieser Kontrollverlust Ängste hervorruft. Begibt man sich mit diesem Kontrollverlust und dem Gefühl des starken Misstrauens in Behandlung (fremde Hände), vermehren sich die Ängste, weil die Selbstbestimmung verloren gegangen oder zum Teil verloren gegangen ist. Auch die politischen Geschehnisse in der Umwelt mit der dazu gehörenden Medienpolitik, können gerade bei Menschen mit erhöhter seelischer Sensibilisierung und Verletzlichkeit zu vermehrten Ängsten führen. So kann der unfreiwillige Ausstieg aus den gesellschaftlichen Zusammenhängen (Arbeit, Ausbildung, soziale Kontakte) ebenso zum Anstieg der Ängste führen. Das Gleichgewicht von Misstrauen und Vertrauen ist gestört und auch Grund für die Angst. Bei der Darstellung im Schaubild stellt sich heraus, das dass sog. Residuum oder der Restzustand starke Depressionen und starke Antriebslosigkeit hervor bringen kann.

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Erklärungen

  • Prodromale Phase: vor dem Ausbruch der Psychose, keine oder sehr wenige Symptome
  • Aktute Phase: starke Symptomatik
  • Postpsychotische Phase: abklingen der Symptome

Die BesucherInnen bekommen weiße Karten und schreiben auf, was sie unter Depression verstehen und damit verbinden:

Arbeitsergebnisse waren:

  • Alles sieht nur negativ aus
  • Antriebslosigkeit
  • Suizidversuch oder Suizidgedanken
  • Medikamente helfen nicht dauerhaft
  • Man fühlt sich minderwertig
  • Depressionen habe ich von anderen vermittelt bekommen, als ganz Extreme Wesensveränderung und zwar von „himmelhoch jauchzend zu Tode betrübt
  • Man lebt in der Realität ist aber selber hilflos die eigene Zukunft zu gestalten
  • Angst vor der Zukunft
  • Man sieht weder einen Weg noch einen Ausweg (Wie bin ich in diesen Zustand gekommen?)
  • Ständige Müdigkeit
  • Konzentrationsschwächen
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Angstgefühle
  • Wenn die Kraft für die einfachsten Aktivitäten des Alltags nicht mehr reicht
  • Seelenfinsternis
  • Traurigkeit, Absondern, nicht arbeiten können, alles ist zuviel, sich nicht freuen können, sich nicht verstanden fühlen,
  • Angst vor dingen die nicht bestehen
  • Allgemeines in Frage stellen der Dinge bis hin zum Sinn des Lebens
  • Sich fühlen wie im „freien Fall“
  • Ganz still werden
  • Man kommt nicht dagegen an
  • Man kommt sich vor wie ein Versager (zu weich) trotz vorheriger 150% Leistung
  • Stimmen
  • Ent-Ichung bis zum Suizid (-versuch)
  • Schuldgefühle
  • Kein Interesse an Dingen, die man sonst gerne gemacht hat
  • Man kann sich nicht mitteilen
  • Ich merke bei mir hängt die Depression mit der Psychose zusammen, weil ich nach jedem misslungenen Versuch meine Psychose in den Griff zu kriegen, scheiterte und das macht mich depressiv und wirft mich immer weiter zurück. Ich könnte es auch Resignation nennen.
  • Man kommt nicht an die Person heran
  • Gefühl der Gefühllosigkeit
  • Es gibt Depessionen mit und ohne Wahnerleben (Depressionen + Psychose)
  • Freudlosigkeit
  • Hoffnungslosigkeit
  • Schlafstörungen
  • Appetitlosigkeit

Im Verlauf des Seminars stellt sich heraus, dass Depression und Psychose jede für sich eigene Krankheitsbilder sind. Ca. 1-2% der bundesrepublikanischen Bevölkerung erkranken an einer Psychose, während es min. 10% sind die an einer Depression Erkranken. Bei beiden Krankheitsbildern kann es zu Suizidalität kommen. Bei einer Psychose ist das erleben stark durch den Faktor Reizüberflutung gekennzeichnet, während bei einer Depression Antriebslosigkeit, Gefühlsleere und Sinnlosigkeit in Bezug auf die eigene Persönlichkeit und das eigene Handeln bestehen kann. Woran kann man erkennen ob es sich um Depressionen durch ein Residuum handelt, oder ob die Depressionen für sich stehen? Die Antwort des Arztes lautet dazu: Diese Frage sollte man mit dem behandelnden Arzt bearbeitet und eine Antwort erfordert beiderseits viel Zeit. Ebenso ist eine Frage ob dauerhaft „gehandicapt“ ist? Dies kann aber individuell unterschiedlich sein. In der Regel bleiben nach einer Psychose „Narben“ zurück. Es kommt z. B. auch darauf an, wann eine Medikation/ Behandlung angesetzt wurde. Es gibt noch eine Schnittstelle zwischen Psychose und Depression. Beide Krankheitsbilder können einen mehr oder weniger starken sozialen Rückzug bewirken.

Durch den fehlenden Umweltbezug beschäftigt man sich vermehrt mit sich selbst und bekommt keine Spiegelung durch die Umwelt. Faktoren wie Selbsteinschätzung und Selbstbewusstsein können ganz dahinschwinden. Auf die Frage hin, ob das Krankheitsbild Depression sich zu einer Psychose entwickeln können wird verneint.

Gegen Veranstaltungsende wird eine Blitzlichtrunde durchgeführt. Was konnte man in dem Seminar für sich mitnehmen?

Verabschiedung der Gäste und Hinweis auf das nächste Seminar am 21.12.2005 unter dem Thema: Warum habe ich kein dickes Fell? – Psychose und seelische Verletztlichkeit