In welcher Schublade stecke ich? – Umgang mit der Diagnose

Protokoll des Psychoseseminars vom 20.04.2005

Begrüßung des Auditoriums und der begleitenden Ärzte Fr. Dr. Knittel und Herr Dr. Galke tätig in den Rheinischen Kliniken Düren

Überleitung zum Thema

Warm up

Jeder der möchte zieht eine Spielkarte. Die Kartensymbole sind folgendermaßen festgelegt:

  • Kreuz: Depression
  • Herz: Manie
  • Schüppe: Schizophrenie mit Angst
  • Karo: Durch Drogen verursachte Psychose

Danach wird die Frage gestellt: Jetzt hat jeder seine Schublade – wie fühlt es sich an damit? Es wird eine Diskussion um den Begriff Diagnose geführt. Allein dass man in eine Schublade kommt ist unangenehm und man könnte sich und die Umwelt nicht mehr ungehindert beobachten. Jeder gibt zu seinem gezogenen Kartensymbol etwas heraus. Stichwort wie Lebensangst, Stigma, Ratlosigkeit und Panik finden Erwähnung. Man befindet sich über die gestellte Diagnose in der Schublade „psychisch krank“ und damit am gesellschaftlichen Rand. Über eine Diagnose bilden sich Angehörige fragmentarisch (bruchstückhaft) ein Bild über eine/n Kranke/n. Auf der anderen Seite können Ärzte mit Angehörigen zusammen Kriesekonzepte entwickeln. Weil manche Betroffene sich bei der Einweisung schwer äußern können. Die Diagnose wird unter dem Aspekt angeschaut, dass man über Fremdbestimmung (z. B. durch Einwirken der Angehörigen) in eine Schublade gerät. Auf der anderen Seite bekommt der behandelnde Arzt durch die sog. „Fremdanamnese“ einen Einblick in die Situation einer betroffenen Person, wenn jemand nicht über sich reden kann.

Es rücken die Fragen in den Vordergrund:

Schaffe ich es ohne Diagnose eine Orientierung zu bekommen?

Diagnose ist eine Grobeinteilung. Der individuelle Anteil ist wichtig, um besser mit der Krankheit umgehen zu können. Es wird innerhalb des Gespräches deutlich, dass eine Diagnose bei den meisten Betroffenen ein Strohhalm im Strom der Psychiatrie mit ihren vielen Facetten bedeutet. Sie gibt Halt und Orientierung im Umgang mit sich selbst.

Ist die Diagnose nur der kranke Anteil einer Person oder kann Diagnose auch etwas Positives beinhalten?

Wenn jemand z. B. die Diagnose „Depression“ hat, wirkt sich diese nicht auch noch als Verstärker der negativen Stimmungen aus?

Hinter jeder Diagnose steht ein Defizitkatalog?

Diagnose hat auch etwas Gutes. Sie ist richtungweisend. Der Defizitkatalog gibt nun wirklich Anhaltspunkte, wo etwas im Argen ist. Sie gibt Hinweise wo jemand dran arbeiten muss, damit man aus der Schublade heraus kommt.

Erst unter Leuten merkt man, ob man geerdet ist, ob man unsicher ist und wie das Gefühl zu sich selbst ist. Es wird thematisiert, dass einige Betroffene im Kontakt mit der Umwelt heraus finden wie sie zu sich selbst stehen. Es wird dann schwierig, wenn sie zu denken beginnen, nur nicht in der Menge auffallen. Nur nichts auffälliges anziehen oder sich in einer Gruppe in die Mittel stellen. Nur nicht Mittelpunkt sein wollen.

Wenn jemand nun eine Diagnose bekommen hat, ist die Krankheit nun ununterbrochen aktiv? Was ist mit sog. symptomfreien Intervallen? Wenn man eine Diagnose bekommen hat ist es wichtig zu schauen, was befindet sich außerhalb dieser Schublade und die Konsequenz ist, mutig aus der Schublade herauskrabbeln.

Bekommt man eine Diagnose lebenslänglich?

Die Diagnosen müssen nicht zwangsläufig die gleichen bleiben. Sie können im Laufe eines Lebens wechseln.

Wie haben Sie einen guten Umgang mit ihrer Diagnose oder der Ihres Angehörigen hin bekommen?

  • Durch die Informationen über die eigene Diagnose kann man auch die bessere Kontrolle über sich selbst erlangen. Die Diagnose gibt Rückhalt und Sicherheit.
  • Eine Teilnehmerin möchte gar keine Diagnose haben. Die Akzeptanz gegenüber der Diagnose fällt schwer.
  • Diagnose kann auch Schutzfunktion bedeuten, es gibt die eigene Schublade und die fremden Schubladen.
  • Man sollte sich trotz Schublade eine Beweglichkeit erhalten, denn eine Diagnose kann eine starke Festlegung bedeuten.
  • Der respektvolle Umgang mit der Diagnose ist wichtig, weil der respektvolle Umgang mit sich selbst wichtig ist.

Die Spielkarte wird wenn jemand sich geäußert hat, in eine Holzschublade in der Raummitte gelegt, die vor dem Blitzlicht mit einem Küchenhandtuch zugedeckt wird.

Ein „Blitzlicht“ mit dem Tenor: „Was war heute wichtig für mich, was nehme ich mit?“ beendet die Veranstaltung.

Bedanken bei den Gästen und den begleitenden Ärzten der RKD und der Hinweis auf die nächste Veranstaltung am 18.Mai 2005 Thema: Von der Droge in die Psychose – Cannabis und Co als Einstieg in den Abstieg?