Protokoll des Psychoseseminars vom 16.09.2009 von 19.00 – 20.45 Uhr
Protokollant/in: Fr. Mischke
Zunächst erfolgt die Begrüßung des Auditoriums sowie der anwesenden Gäste Fr. Dr. Freisen (RKD), und der Vorbereitungsgruppe Psychoseseminar Jülich.
1.Es wurden Infoblätter verteilt, auf denen schon gesammelte Definitionen/Aussagen zusammengestellt wurden, was eine Psychose ist.
Psychose Ist …
- eine sehr schwere seelische Erkrankung, die nicht aus eigener Kraft bewältigt werden kann.
- besser als Fernsehn und Kino.
- eine Erkrankung, bei der der Bezug zur Wirklichkeit die Einsichtsfähigkeit sowie die Fähigkeit, mit den üblichen Lebensanforderungen zurechtzukommen, erheblich gestört ist.
- zwei Wirklichkeiten zu kennen, eine „reale“ und eine „andere“
- das Gefühl, daß andere die eigenen Gedanken lesen und sogar abziehen können, was zum leiden unter Gedankenverarmung führen kann.
- das Gefühl, die Gedanken anderer lesen zu können.
- das Gefühl, fremde Gedanken in den Kopf hineingeschleust zu bekommen.
- das Empfinden, daß die eigenen Gedanken während des Denkvorganges hörbar sind.
- sich von Spionen umgeben, beobachtet und verfolgt zu fühlen.
- jede winzige Kleinigkeit, jede scheinbar belanglose Begebenheit, jede zufällige Verhaltensweise von Mitmenschen als untrüglichen Beweis für die Richtigkeit längst gehegter Befürchtungen zu erleben.
- an den als Wirklichkeit empfundenen Wahnvorstellungen zu leiden.
- sich aufgrund des eigenen Wertlosigkeitsgefühls als berühmte Persönlichkeit oder als göttliches Wesen zu empfinden.
- sich im Kreis der eigenen Gedanken vollkommen auf sich selbst zu konzentrieren und den Kontakt mit der Umwelt aufzugeben, zu verlieren.
- sich nicht gut oder gar nicht konzentrieren zu können.
- dünnhäutiger zu sein als andere Menschen.
- sich innerlich leer, ausgebrannt und freudlos zu fühlen.
- mut- und hoffnungslos zu sein.
- antriebs- und energielos zu sein.
- sich mißtrauisch vor der Welt zurückziehen zu müssen.
- durch Halluzinationen = Trugwahrnehmungen und Wahnvorstellungen geängstigt und fassungslos zu sein, von starkem Mißtrauen gequält zu sein.
Die Anwesenden sollen die Aussagen, die sie besonders prägnant finden ankreuzen und der Gruppe vorlesen oder aber eine eigene Definition auf einen Karte schreiben.
Aussagen der Anwesenden waren:
- Viele der aufgeführten Aussagen treffen auf Zustimmung
- Bei manchen wird es als zweifelhaft angesehen
Es fehlten aus Sicht der Anwesenden folgende Aussagen:
- …dass es oft sehr belastend für die Angehörigen ist
- …dass man nicht weiter weiß
- …dass man sich innerlich leer im Kopf fühlt
- …dass man leider oft noch einen Stempel in der Gesellschaft erhält
- …dass eine medikamentöse Einstellung wichtig ist
- …dass eine Akzeptanz der verschiedenen Welten wichtig ist
2.Was ist Psychose?
„Der Begriff Psychose wurde im 19. Jahrhundert geprägt und leitet sich von dem Wort „psychisch“, d.h. „mit der Seele zusammenhängend“, also seelisch, ab. Damit werden sehr schwere seelische Erkrankungen zusammengefasst, die nicht aus eigener Kraft alleine bewältigt werden können; ärztlich-therapeutische Hilfe ist hierzu unbedingt erforderlich“ (Bäuml, 1994). Es gibt organische Ursachen einer Psychose wie z.B. aufgrund von Hirnerkrankungen (Demenz, Hirntumor etc.), Hirnverletzungen (Schädel-Hirn-Trauma) oder aufgrund von zugeführten Substanzen (Medikamenten, Drogen). Nichtorganische Psychosen sind nicht auf körperliche Ursachen zurückzuführen, sondern es kommen mehrere Faktoren wie genetische Disposition, Stress und belastende Ereignisse (sog. Life-Events) zusammen.
Auch spielt es eine große Rolle wie die einzelne Person mit belastenden Situationen umgeht (siehe auch Vulnerabilitäts-Stress-Modell, Zubin und Spring). Bei den nichtorganischen Psychosen unterscheidet man zwischen denen aus dem schizophrenen Formenkreis, den affektiven Psychosen und den schizo – affektiven Psychosen. Diagnostiziert werden kann z.B. eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis erst wenn folgende Symptome über einen Monat bestehen: Gedankenlautwerden, Gedanken werden von außen eingegeben oder entzogen, Gefühl von außen gesteuert zu werden, man glaubt Botschaften zu erhalten die für einen gemacht sind, katatone Symptome, Verfolgungswahn, Ängste, Panik, Selbstmordgedanken, Wahnvorstellungen, Halluzinationen (Stimmen hören, Gedanken laut hören, kommentierende Stimmen, befehlende Stimmen), Negativsymptomatik, Anhedonie, Vergesslichkeit, soziale Isolation, Sprachverarmung, Gedankenausbreitung, Denkzerfahrenheit usw.
3.Gibt es neue Erkenntnisse aus der Hirnforschung? Haben wir in nächster Zeit aufgrund neuer Erkenntnisse mit einer neuen Einteilung der Begrifflichkeiten zu rechnen?
Bei einer Psychose nimmt die Gehirnflüssigkeit zu und die Hirnmasse nimmt ab, dies erklärt die Vergesslichkeit bei den Betroffenen. Deshalb wurde eine Psychose auch früher dementia praecox genannt. In den meisten Fällen legt sich diese Symptomatik mit der Stabilisierung der Befindlichkeit. Eine neue Erkenntnis aus der Forschung ist, dass schlechte (chronifizierte) Verläufe meist nur noch in 10% der Fälle beobachtbar sind. Somit ist die 1/3-Regelung nicht mehr aktuell. Man führt diese Entwicklung auf die neuen atypischen Neuroleptika zurück. Wenn ein Mensch an einer Psychose erkrankt, findet im Gehirn eine Überflutung der Hirnzellen mit Dopamin statt, welches von den Rezeptoren nicht mehr adäquat verarbeitet werde kann. Die Zelle wird überflutet mit Dopamin und arbeitet nicht mehr richtig – das führt zu einer Symptomatik beim erkrankten Menschen wie z.B. Halluzinationen, Ängste und Manie. Neuroleptika haben die Wirkung das überschüssige Dopamin zu blocken, damit die Zelle wieder voll funktionstüchtig wird. Eine mögliche Nebenwirkung dieses Vorgangs ist, dass die erkrankten Menschen bemängeln, dass sie positive Gefühle wie Glück und Freude nicht mehr oder nur sehr schwach fühlen können. Deshalb wird an Medikamenten geforscht, die nicht das ganze Dopamin blocken, damit man wieder so empfinden kann wie vor der Erkrankung. Jedoch reagiert auch jeder Mensch anders auf die Medikamente und somit ist es oft immer noch ein Ausprobieren welchem Patient welches Medikament in welcher Dosis am besten hilft. Aktuell wird an der Herstellung von Medikamenten auf der Basis des Botenstoffs Glutamat geforscht, welches ein hemmender Stoff ist im Gegensatz zum Dopamin. Man weiß, dass dieser Stoff bei den an Schizophrenie erkrankten Menschen vermindert ist. Eine weitere Erkenntnis aus der Forschung ist dass bei Halluzinationen die gleichen Hirnareale angesprochen werden wie bei Menschen, die tatsächlich etwas hören. Das erklärt, warum den Betroffenen die Halluzinationen so real erscheinen.
Literaturangabe zum Nachlesen:
Titel: Psychische Erkrankungen und Therapie von Berger
Verlag: Urban & Fischer Bei Elsevier (Dezember 2008)
ISBN-10: 3437224808
ISBN-13: 978-3437224805